Zweiter Bildungsweg in der Schweiz: Wege zu Abschlüssen für Erwachsene

Gepostet 13.11.2025, Ivan Storchi

Der zweite Bildungsweg eröffnet Erwachsenen in der Schweiz neue Chancen. Hier erfahren Sie, welche Wege zu nachgeholten Abschlüssen, Umschulungen und beruflichen Neuorientierungen für Sie infrage kommen.

Eine erwachsene Person lernt konzentriert am Laptop – Symbol für Weiterbildung und den zweiten Bildungsweg in der Schweiz.
Erwachsene Person sitzt am Schreibtisch und lernt am Laptop im Homeoffice – zweiter Bildungsweg und Weiterbildungsmöglichkeiten in der Schweiz.

Der zweite Bildungsweg spielt eine zentrale Rolle in einer sich stetig wandelnden Arbeitswelt. Laut Bundesamt für Statistik verzeichnet die Schweiz einen zunehmenden Bedarf an qualifizierten Fachkräften, besonders in Bereichen wie Technik, Gesundheit, Bildung und ICT. Viele Erwachsene möchten sich beruflich neu orientieren, einen Abschluss nachholen oder sich weiterbilden. 

Dieser Ratgeber zeigt Ihnen relevante Möglichkeiten auf und stützt sich dabei auf offizielle Informationen des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI), der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), der Berufsberatung Schweiz sowie der kantonalen Bildungsbehörden.

Was bedeutet der zweite Bildungsweg?

Der zweite Bildungsweg umfasst alle Bildungs- und Abschlussmöglichkeiten, die Erwachsene nach dem regulären Schul- oder Ausbildungsweg nutzen können. Er richtet sich an Personen, die 

  • einen Abschluss nachholen möchten 
  • sich beruflich neu orientieren wollen
  • eine ausländische Vorbildung anerkennen lassen möchten
  • den Wiedereinstieg ins Berufsleben planen
  • sich für anspruchsvollere oder spezialisierte Tätigkeiten qualifizieren möchten 

Während der erste Bildungsweg den regulären Weg von der obligatorischen Schule bis zur Erstausbildung beschreibt, eröffnet der zweite Bildungsweg flexiblere, oft berufsbegleitende Optionen. Eine gute Orientierung bietet die offizielle Übersicht des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI), welche das Bildungssystem der Schweiz mit allen Stufen, Übergängen und Anschlussmöglichkeiten darstellt: Bildungssystem Schweiz 

Lehrabschluss für Erwachsene: EBA oder EFZ nachholen

In der Schweiz können Erwachsene einen anerkannten Berufsabschluss (EBA oder EFZ) nachholen. Grundlage dafür ist das Berufsbildungsgesetz (BBG).  

Ihre Wege zum anerkannten Abschluss

1. Validierung von Bildungsleistungen

Die Validierung gemäss SBFI-Richtlinien ermöglicht es Ihnen, berufliche Erfahrungen anerkennen zu lassen. Wenn Sie alle Handlungskompetenzen nachweisen können, erhalten Sie am Ende einen eidgenössisch anerkannten Abschluss. Dazu reichen Sie ein Dossier ein, das von Expertinnen und Experten geprüft wird. Fehlen einzelne Kompetenzen, können Sie diese gezielt nachholen. 

2. Individuelle Vorbereitungskurse

Viele Schulen bieten berufsbegleitende Vorbereitungskurse für die Qualifikationsverfahren an. Diese eignen sich für Personen, die strukturierten Unterricht bevorzugen.

3. Lehrvertrag im Erwachsenenalter

Auch Erwachsene können eine reguläre Lehre absolvieren. Viele kantonale Berufsbildungsämter unterstützen Betriebe, die Erwachsene ausbilden.

Voraussetzungen

Typische Voraussetzungen: mehrjährige Berufserfahrung, gute Deutschkenntnisse, Belastbarkeit und Motivation. Beratung und Anmeldung erfolgen über die kantonalen Berufsbildungsämter.

Allgemeinbildende Abschlüsse nachholen

Berufsmaturität (BMS II) und Matura für Erwachsene 

Die BMS II richtet sich an Personen mit einem EFZ, die sich weiterqualifizieren möchten. Die Vorbereitung erfolgt kantonal unterschiedlich, entweder berufsbegleitend oder in Vollzeit. Die bundesweit geregelte Prüfung ermöglicht den Zugang zu Fachhochschulen. 

Gymnasiale Matura für Erwachsene 

Erwachsene können die gymnasiale Matura an Abendgymnasien oder speziellen Erwachsenenschulen erwerben, etwa an der KME in Zürich oder bei vergleichbaren kantonalen Einrichtungen. Auch private Schulen wie Minerva bieten entsprechende Vorbereitungsgänge an. Die Programme setzen ein hohes Mass an Selbstständigkeit voraus und führen zu einem vollwertigen gymnasialen Abschluss. 

Brückenangebote für Erwachsene 

Einige Kantone bieten Vorbereitungskurse, Lernateliers oder spezielle Programme für Erwachsene an, die ihre grundlegenden schulischen Kompetenzen auffrischen oder erweitern möchten. 

Höhere Berufsbildung und Umschulung für Erwachsene 

Die höhere Berufsbildung ist ein zentrales Element des Schweizer Bildungssystems. Erwachsene haben die Möglichkeit, einen eidgenössischen Fachausweis, ein eidgenössisches Diplom oder einen Abschluss einer Höheren Fachschule (HF) zu erwerben. Diese praxisorientierten Abschlüsse sind auf dem Arbeitsmarkt sehr anerkannt. 

Umschulung und beruflicher Neustart

Eine Umschulung in der Schweiz beschreibt den Wechsel in einen neuen Berufszweig – häufig über: 

  • einen neuen EFZ-Abschluss 
  • die höhere Berufsbildung oder 
  • gezielte Weiterbildungsgänge für Quereinsteigende 

Besonders gefragt sind Fachkräfte in Gesundheitswesen, Technik, Informatik, Bildung und Logistik. 

Finanzierung und Unterstützung

Die Finanzierung des zweiten Bildungswegs ist kantonal und national geregelt. Zu den wichtigsten Finanzierungsmöglichkeiten gehören: 

RAV (Arbeitslosenversicherung):

  • Das RAV kann unter bestimmten Bedingungen Bildungsgänge finanzieren, die Ihre Arbeitsmarktchancen verbessern.

IV (Invalidenversicherung):

  • Bei gesundheitlich bedingten Veränderungen unterstützt die IV berufliche Neuausrichtungen oder Umschulungen.

Berufsberatung Schweiz

  • Über das SDBB erhalten Sie fundierte Informationen zu den Themen Arbeitsmarkt, Abschlüsse und Laufbahnplanung.

Finanzierung des zweiten Bildungswegs 

Die Finanzierung ist kantonal und national geregelt. Zu den wichtigsten Elementen gehören:

  • Bundesbeiträge (Subjektfinanzierung) für vorbereitende Kurse auf eidgenössische Prüfungen
  • Kantonale Stipendien gemäss Stipendiengesetz
  • ergänzende Unterstützung durch das RAV oder die IV in bestimmten Situationen
  • steuerliche Abzüge für berufsrelevante Weiterbildungskosten

Beratung und offizielle Anlaufstellen 

Damit Sie Ihren Weg klar planen können, stehen Ihnen folgende Stellen zur Verfügung: 

Das SBFI, die EDK und das BFS sind verlässliche Quellen für Zahlen, Gesetze und Rahmenbedingungen. 

Diese Stellen liefern neutrale, qualitätsgesicherte Informationen und begleiten Sie bei der Planung Ihres Bildungswegs.

Ihr Weg in sieben Schritten 

  1. Klären Sie Ihr Ziel und Ihre Motivation.
  2. Vereinbaren Sie anschliessend ein Beratungsgespräch bei einer kantonalen Berufsberatung.
  3. Prüfen Sie Ihre bisherigen Kompetenzen oder lassen Sie diese anerkennen.
  4. Informieren Sie sich über Finanzierungsmöglichkeiten.
  5. Wählen Sie einen passenden Bildungsweg.
  6. Melden Sie sich an und planen Sie Ihren zeitlichen Rahmen.
  7. Bereiten Sie sich schliesslich auf Prüfungen und Ihren Abschluss vor.

FAQ 

Kann ich einen Lehrabschluss auch ohne Lehrvertrag nachholen?

Ja, auch Erwachsene können einen anerkannten Abschluss erwerben. Dies ist entweder über die Validierung von Bildungsleistungen oder den direkten Zugang zur Abschlussprüfung möglich, www.bvz.admin.ch. Dafür benötigen sie keinen Lehrvertrag, jedoch ausreichende Berufserfahrung oder eine gezielte Vorbereitung. 

Wie lange dauert die Lehrausbildung für Erwachsene? 

Die Dauer hängt vom Beruf und Ihrer bisherigen Erfahrung ab. Wenn vorhandene berufliche Kompetenzen anerkannt werden, kann sich der Weg zum Abschluss deutlich verkürzen. 

Kann ich die BMS oder die Matura berufsbegleitend nachholen? 

Ja. Mehrere kantonale Schulen sowie anerkannte private Anbieter ermöglichen eine berufsbegleitende Vorbereitung auf die Berufsmaturität oder die gymnasiale Matura. 

Welche Abschlüsse bieten die besten Perspektiven? 

Besonders gute Chancen bieten Berufe mit ausgewiesenem Fachkräftemangel, etwa im Gesundheitswesen, in der Technik oder der Informatik. 

Bekomme ich finanzielle Unterstützung? 

Je nach Bildungsweg kommen Bundesbeiträge (Subjektfinanzierung), kantonale Stipendien oder Unterstützung durch RAV bzw. IV infrage. Die Bedingungen sind kantonal geregelt und sollten individuell abgeklärt werden. 

Wird meine ausländische Ausbildung in der Schweiz anerkannt? 

Die Anerkennung hängt vom Berufsbereich ab. Zuständig sind je nach Beruf das SBFI, das SRK (Gesundheitsberufe) oder die EDK. Viele Personen ergänzen nach der Anerkennung fehlende Qualifikationen über den zweiten Bildungsweg Schweiz.

Fazit

Der zweite Bildungsweg bietet Erwachsenen vielfältige Möglichkeiten: Sie können einen Abschluss nachholen, eine Umschulung absolvieren oder sich beruflich weiterentwickeln. Mit gezielter Beratung, klarer Planung und den passenden Finanzierungswegen gelingt der Einstieg in eine neue berufliche Zukunft.

Tipp: Nutzen Sie berufsberatung.ch oder die Laufbahnberatung Ihres Kantons – ob in Zürich, Bern, Basel, Luzern oder im Tessin – und planen Sie Ihren persönlichen Bildungsweg.

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