Einfach schreiben. Oder wie aus einem Text eine gute Geschichte wird.

Gepostet 26.04.2018, Martina Tresch

Gut schreiben zu können, wünschen sich viele. Und es gibt sie, die goldenen Regeln, die das Schreiben erleichtern.

Gut Schreiben heisst, Geschichten erzählen zu können. (©Martina Tresch-Regli)
Gut Schreiben heisst, Geschichten erzählen zu können. (©Martina Tresch-Regli)

Es war einmal ... wer diesen Satz schreibt, schreibt ein Märchen, könnte man meinen. Wer diesen Satz schreibt, könnte aber auch an der ersten Schreibübung in einem Seminar sitzen. Denn gutes Schreiben will gelernt sein – immer häufiger setzen Einzelpersonen aber auch Unternehmen auf Schreibseminare. Auch gibt es Lehrgänge, in denen das professionelle Schreiben erlernt werden kann. Denn hinter einem guten Text steckt mehr als nur das Aneinanderreihen von Worten. „Es geht darum, Informationen anregend und leicht verständlich zu vermitteln. Und es geht darum, Emotionen zu wecken“, sagt Petra Hasler, die unter anderem das Seminar „Storytelling und bildhaftes Schreiben“ bei der Post leitet. „Es war einmal“ lautet eine der Aufgaben am eintägigen Kurs der Texterin und Dozentin an der Hochschule für Technik und Wirtschaft sowie an der Berner Fachhochschule. Aufgabe ist es, den ersten Gedanken auf dem Papier festzuhalten. Einfach drauflos. Klingt simpel, doch dahinter steckt ein klares Ziel: „Ich möchte die Teilnehmenden mit einfachen Übungen in einen Schreibfluss bringen und ihnen so den Druck nehmen.“ Die eigenen Ansprüche seien nämlich oft sehr hoch – der erste Text soll stets perfekt sein. Dass dies keinesfalls so sein muss, will Petra Hasler in ihrem Seminar vermitteln. Vor allem ist ihr wichtig, auch „die Freude am Schreiben wecken“. 

Empfohlene Angebote

Leserorientiert schreiben

Nicht nur ums Schreiben, vielmehr um die Funktionsweise der Sprache dreht sich alles im Leben von Ivo Hajnal. Der Sprachwissenschaftler ist fasziniert von den Fragen rund um die Entstehung und Entwicklung menschlicher Sprache. „Denn Schreiben können wir alle – aber mit dem Instrument der Sprache gezielt umzugehen, ist uns in der Ausbildung oft nur unzureichend beigebracht worden.“ Für all jene, die sich dieses Instrument aneignen möchten, hat Ivo Hajnal zusammen mit Franco Item das Buch „Schreiben und redigieren auf den Punkt gebracht“ herausgegeben. Das bereits 20-jährige Werk befasste sich mit der Frage, wie wir uns in Gebrauchstexten – also im Beruf oder in der Ausbildung – möglichst verständlich ausdrücken. Das Buch erscheint bereits in der vierten Auflage und ist laut dem Sprachwissenschaftler aktueller denn je. „Denn Verständlichkeit ist in den vergangenen 20 Jahren zu einem Stilprinzip guter Gebrauchssprache geadelt worden. Und gerade auf dem Web oder in sozialen Medien sind Schreibtugenden wie logische Leserführung oder eine ökonomische Sprache heute unerlässlich.“ Früher, als er und Franco Item mit den allerersten Lehrgängen starteten, habe oft noch das Prinzip gegolten: Schreiben dient nebst anderem der Selbstdarstellung. „Schwer verständliche Texte waren also ein Zeichen von höherer Bildung und Hierarchie.“ Heute diene Sprache glücklicherweise wieder ihrem eigentlichen Zweck: der menschlichen Kommunikation. Folglich sei „verständlich schreiben“ gleichbedeutend mit „gut schreiben“.

„Wer sich ganz in eine Situation hineinversetzen kann, ist auch in der Lage, bildhafte Texte zu verfassen.“

Bildhaft und präzise schreiben

Verständlich schreiben – darum geht es auch im Seminar „Storytelling und bildhaftes Schreiben“, das sich insbesondere an Unternehmen richtet. „Die Teilnehmenden stehen oft vor der Schwierigkeit, aus lauter Sach- und Fachinformationen einen Text zu verfassen. Meist wissen sie nicht, wie sie eine Geschichte dazu erzählen sollen.“ Anhand von Beispielen zeigt die Dozentin auf, wo in einem Text Spannung und Emotionen entstehen und was genau einen Text interessant macht. „Geschichten und bildhafte Texte schaffen einen Bezug zur eigenen Erlebniswelt“, macht Petra Hasler deutlich. Denn wir Menschen seien oft nicht bereit, kommerzielle Informationen aktiv aufzunehmen. Aufgabe der Kommunikationsverantwortlichen in einem Unternehmen sei, den Leser genau hier abzuholen. Ihr Tipp: Beim Schreiben voll und ganz ins Thema eintauchen, egal wie trocken oder langweilig dieses erscheint. So kann ein Bericht über einen Event plötzlich spannend werden, wenn sich der oder die Schreibende den Anlass haarklein vorstellt, und zwar in allen Details, wie Licht, Musik, Stimmung. „Wer sich ganz in eine Situation hineinversetzen kann, ist auch in der Lage, bildhafte Texte zu verfassen.“ Und sie rät zu Präzision. In allem. „Wichtig ist, die Dinge so präzise wie nur möglich zu beschreiben.“ So erzeugen Worte wie schlendern anstelle von gehen, oder flüstern anstelle von sprechen die deutlicheren Bilder im Kopf des Lesers.

„Gut schreiben heisst gut denken. Ein attraktiver Text lebt von der sorgfältigen Planung im Vorfeld.“

Eclassroom erobert Akademie

Wer gute Texte verfassen will, rät die Expertin, sollte vor allem viel lesen und schreiben. Genau darum geht es auch an der Schweizerischen Text Akademie – und darüber hinaus. Ivo Hajnal ist Mitbegründer und erklärt, dass die meisten Lehrgänge zu einem akademischen Diplom (CAS) führen. Basis des Unterrichts bildet Fachwissen. „Unsere Lehrgänge beruhen grundsätzlich auf wissenschaftlichen Grundlagen“, führt Ivo Hajnal aus. Im Gegenzug gelte: Jedes Fachwissen wird umgehend in Praxisübungen angewandt und trainiert. „Wir setzen zudem bereits seit 2001 bei umfassenden, praxisnahen Übungen sehr erfolgreich auf Eclassroom-Lektionen.“ Das heisst: Die Gruppe trifft sich zusammen mit einem Experten in einem virtuellen Klassenzimmer. Die Aufgabe wird freigeschaltet, und alle Teilnehmenden lösen die Übung an einem Arbeitsplatz ihrer Wahl. Die fertige Übung wird eingesandt – und wenig später von einem Experten korrigiert zurückgeschickt. „Dies erspart weite Reisen, ohne dass didaktisch Abstriche gemacht werden müssten. Überhaupt sind gewisse Lehrgänge bei uns inzwischen auch fast zur Gänze online und mit Betreuung im Eclassroom sowie über Video-Konferenzen studierbar“, sagt der Professor für Sprachwissenschaft an der Universität Innsbruck. Vorwissen für die Grundkurse wird keines vorausgesetzt – bis auf ordentliche Deutschkenntnisse. Das Motto lautet: Berufliches Schreiben ist keine Talentsache, sondern erlernbar. Ein Tipp vom Sprachwissenschaftler für gutes Schreiben? „Verbesserungen sind bereits möglich, wenn man unsere Checklisten konsultiert, denn wir haben viele Lernmaterialien frei zugänglich im Web abgelegt.“ Im Übrigen lautet einer seiner liebsten Merksätze: „Gut schreiben heisst gut denken. Ein attraktiver Text lebt von der sorgfältigen Planung im Vorfeld – also etwa von einem zielgerichteten Aufbau, der den Lesenden rasch die wesentlichen Informationen vermittelt.“

 

Expertentipps für gutes Schreiben

  • Der Einstieg: kurz, spannend, persönlich
  • Zurückhaltung mit Zahlen – Zahlen sind Fakten
  • Genaue Beschreibungen – Sinne ansprechen: Klänge, Gerüche, Metaphern
  • Emotionen szenisch schildern
  • Einfach, bildhaft und aktiv schreiben
  • Die eigene Vorstellungskraft aktivieren
  • Sich auf die Core-Story konzentrieren (One Message)
  • Die Geschichte mit einem smarten Ende abschliessen: Kernaussage, Happy End

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