Persönlichkeitstraining oder der Blick in den Spiegel

Gepostet 03.10.2018, Martina Tresch

Selbstreflektion und Selbsterkenntnis – das sind die Grundpfeiler des Persönlichkeitstrainings. Entscheidend ist, keine Angst davor zu haben, selbst in den Spiegel zu schauen.

Eine Weiterbildung in Persönlichkeitsbildung bietet zahlreiche Optionen. (©Fotolia)
Eine Weiterbildung in Persönlichkeitsbildung bietet zahlreiche Optionen. (©Fotolia)

Wer bei "Google" nach dem Stichwort "Persönlichkeitstraining" sucht, wird nicht etwa mit Wikipedia-Einträgen bedient, sondern mit Kursangeboten überhäuft. Dabei geht es etwa darum, die Gelassenheit zu stärken oder mehr Lebensqualität zu erreichen. Doch worum geht es dabei wirklich? "Der Begriff Persönlichkeitstraining ist eher irreführend", sagt Matthias Puschert. Aus wissenschaftlicher Perspektive sei unsere Persönlichkeit etwas Stabiles, das sich nur in Ausnahmefällen ab dem frühen Erwachsenenalter noch verändern kann. "Unter dieser Perspektive ist ein Training der Persönlichkeit gar nicht mehr möglich", sagt der Produktmanager Führung und Betriebswirtschaft bei der Swissmem Academy. In den Workshops, die am Bildungs- und Beratungszentrum des Verbandes der Maschinen- Elektro- und Metallindustrie angeboten werden, sei immer wieder feststellbar, dass sich die Kursteilnehmer mit ihren eigenen Treibern und Barrieren, die letztlich eng mit der Persönlichkeit verknüpft sind, auseinandersetzen. "Selbstreflektion und Selbsterkenntnis ist somit ein wichtiger Startpunkt, um im Themengebiet überhaupt arbeiten zu können". Ein weiterer Punkt: Viele verwechseln das sichtbare Verhalten mit Persönlichkeitseigenschaften. Das Verhalten lasse sich sehr gut trainieren und bewusst beeinflussen, betont er. Und hier setzen Persönlichkeitstrainings an.

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Persönlichkeitstraining greift auf Test zurück

Um die Selbstreflektion anzukurbeln, greifen Seminare zu Beginn oftmals auf Tests zurück. Wichtig dabei ist, dass es sich um Testverfahren handelt, die seitens der Testgütekriterien hohe Qualität liefern. Was es dann vonseiten der Kursteilnehmer braucht: "Die Offenheit, selbst in den ‚Spiegel’ schauen zu wollen." Denn eine ablehnende Haltung führe dazu, dass Widerstände eine Entwicklung verhindern, die durch eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich in Gang kommen könnte. Solche Tests können zwar oftmals online bearbeitet werden – die Ergebnisse sollten jedoch unter professioneller Anleitung im persönlichen Kontakt erfolgen, hält der Produktmanager fest. "Nur so kann sichergestellt werden, dass die Ergebnisse auch verstanden werden und damit sorgsam sowie nachhaltig umgegangen wird." Der Test hilft also dabei, sich selbst besser kennenzulernen und zu reflektieren. Und das wiederum macht ein Persönlichkeitstraining erst möglich. Was heisst aber Selbstreflektion? Die Leitsätze "man sieht nur was man kennt" und "erkenne dich selbst, dann erkennst du andere" klingen zwar schon fast philosophisch, treffen aber genau zu, erklärt Matthias Puschert. Wer bei sich die eigenen Muster erkennt und diese auf Situationen im Alltag, ob beruflich oder privat, beziehen kann, kann auch verstehen, weshalb diese Situationen erfolgreich oder schwierig waren. "Wichtig ist dabei, nicht in richtig oder falsch, sondern in passend und unpassend zu denken." Kurz: Es geht darum, aufgrund der Persönlichkeit herauszufinden, in welchen Situationen man es leichter oder schwerer hat, weshalb man also zum Beispiel mit einigen Menschen gut oder schlechter auskommt.

"Diese Selbstreflektion hilft einerseits beim Umgang mit andern, da wir für uns selbst wissen, was uns wichtig ist und was wir benötigen um zufrieden zu sein"

Beziehungen gestalten und sich einbringen

Was bedeutet das nun für den Arbeitsalltag? "Diese Selbstreflektion hilft einerseits beim Umgang mit andern, da wir für uns selbst wissen, was uns wichtig ist und was wir benötigen um zufrieden zu sein", so der Experte. Letztlich würden zufriedene Mitarbeiter weitaus höhere Leistungen erbringen als jene, die unzufrieden sind. Auf diesem Weg, bei dem man sich selbst und seine Wirkung auf das Gegenüber kennenlernt, geht es aber noch um weit mehr: "Es geht auch um die Möglichkeit, Beziehungen entsprechend zu gestalten und sich einbringen zu können. Wichtig dabei ist insbesondere eine positive Sichtweise, die stärkenorientiert ist." Aktuelle Studien würden belegen, dass Stärken zu stärken weitaus effizienter sei als Schwächen ausgleichen zu wollen. 
Die Schwächen und Probleme, mit denen Teilnehmende ein Seminar beginnen, sind oft zwischenmenschlicher Natur. Es sind Konflikte miteinander, Unzufriedenheit mit der aktuellen Funktion oder ähnliches. "Die meisten sind aber zufrieden und wollen sich proaktiv weiterentwickeln", berichtet Matthias Puschert. Hoffnungslose Fälle habe er in all den Jahren seiner Tätigkeit in dem Bereich noch nicht wirklich erlebt. "Jedoch gibt es immer wieder Personen, die sich vor dem Potenzial verschliessen und die Chance zur Weiterentwicklung auf Basis der Erkenntnisse nicht nutzen." Ziel des Persönlichkeitstrainings sei es letztlich, die eigenen Stärken zu schärfen, innere Blockaden zu verstehen und zu lösen sowie die Selbstzufriedenheit zu erhöhen. 

Vom Fachexperten bis zur Führungskraft

So weit die Theorie. Wer aber ist es, der ein Seminar zum Thema Persönlichkeitstraining besucht? Die meisten, hat Matthias Puschert die Erfahrung gemacht, sind Fachexperten sowie junge Führungskräfte, die ihre Kompetenz als Leader oder Manager verbessern wollen. "Der Background ist dabei unterschiedlich, wobei es sinnvoll ist, über ein entsprechendes Mass an Erfahrung zu verfügen, da sich dann leichter praxisorientiert arbeiten lässt." Sind es folglich eher ältere Menschen, die vom Persönlichkeitstraining angesprochen werden? "Kalendarisches Alter wird oftmals nur vorgeschoben, dass etwas geht oder nicht. Viel wichtiger ist eine offene Denkhaltung und der Wunsch sich wirklich verändern zu wollen beziehungsweise auch keine Angst vor dem Blick in den Spiegel zu haben", betont der Produktmanager. Eine Einschränkung bezüglich Alter erkennt er aber: So führe höheres Alter meist zu höheren Verpflichtungen, etwa durch Kinder oder finanzielle Verpflichtungen. Dies schränke manchmal das konsequente Handeln ein, das aufgrund der Ergebnisse der Workshops nötig wäre. Ein Beispiel: Eine Führungskraft im mittleren Management versteht plötzlich, weshalb sie in ihrer Funktion unzufrieden und nicht mehr leistungsfähig ist. Ein gehaltsneutraler Wechsel in eine Fachfunktion ist allerding nicht möglich. "In so einem Fall gilt es, kreative Wege und Lösungen zu finden, den letztendlich geht es auch um die Gesunderhaltung der eigenen Ressourcen anstatt in einen Burn-Out zu geraten."

Tipps vom Experten für den Alltag:

  • Die eigene Einstellung und den eigenen Anteil an Situationen oder Ergebnissen mit der 5-WHY-Methode hinterfragen: „Aber warum?“
  • Herausfinden, was wichtig ist und wo Grenzen liegen. Wichtig: Sich nicht nur auf das logische Denken und den Kopf, sondern auf das Bauchgefühl verlassen.
  • Herausfinden, welche Situationen, Anlässe und Herausforderungen gebraucht werden, um sich wohl zu fühlen. Die innere Zufriedenheit ist wichtig, um dauerhaft volle Leistung erbringen zu können.
  • Nicht in richtig oder falsch denken, sondern in „passt zu mir“ oder eben nicht. Heterogene Teams können je nach Aufgabe viel mehr erreichen als homogene, auch wenn es vielleicht mehr Potenzial für Reibereien gibt.

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